Welche Auswirkungen hat das SanInsFoG auf die Haftung der an den Verfahren beteiligten Personen und auf die Versicherungsdeckung?
Zum 1. Januar 2021 ist das SanInsFoG (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz) in Kraft getreten. Es beinhaltet Änderungen an diversen Gesetzen, insbesondere an der Insolvenzordnung, außerdem ruft es ein völlig neues Gesetz ins Leben, das StaRUG (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz).
Mit viel Aufsehen in der Branche hatte doch gerade erst der BGH (Urteil v. 18.11.2020, Az. IV ZR 217/19) das vielumstrittene Urteil des OLG Düsseldorf zu § 64 GmbHG und D&O-Deckung aufgehoben, und schon gibt es den § 64 GmbHG gar nicht mehr. Das SanInsFoG hebt nämlich die §§ 64 GmbHG, 92 Abs. 2, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 99 GenG und 130a HGB auf. Diese Haftungsnormen werden nunmehr im neuen § 15 b Abs. 4 InsO zusammengeführt, der die Haftung für Zahlungen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung regelt. Damit wird § 15 b Abs. 4 InsO zum zentralen Haftungstatbestand für Geschäftsleiter.
Als Folge könnten sich Deckungsunsicherheiten ergeben. Hatte man doch gerade alle Paragraphen des alten Rechts in die Versicherungsbedingungen aufgenommen, um weitere Unsicherheiten auszuschließen. Eine Haftungserleichterung gegenüber dem alten Recht sieht § 15 b Abs. 2 InsO vor: Nach altem Recht und der entsprechenden BGH-Rechtsprechung (bspw. Urteil v. 4.7.2017 – Az. II ZR 319/15, NZG 2017, 1034) wurden hohe Maßstäbe an die Frage angelegt, ob Zahlungen im Zustand der Insolvenzreife noch mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind. Die Erstattungspflicht entfiel im Regelfall nur dann, wenn der Zahlung eine unmittelbare wirtschaftliche Gegenleistung gegenübersteht, die von den Gläubigern sinnvoll verwertet werden kann. Maßgeblich war also, ob die Masseverkürzung durch einen Massezufluss ausgeglichen wird. Der neue § 15 b Abs. 2 InsO hingegen stellt klar, dass der Geschäftsleiter, solange er seinen insolvenzrechtlichen Pflichten nachkommt, Zahlungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes leisten darf. So dürfen beispielsweise zukünftig in diesem Rahmen auch Zahlungen auf Dienstleistungen geleistet werden, ohne sich einem Haftungsrisiko auszusetzen.
Übrigens: § 188 Absatz 2 Nr. 3 VAG hat der Gesetzgeber nicht berücksichtigt, er besteht fort. Er gilt weiter für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Fraglich wird sein, ob auch hier der § 15 b Abs. 2 InsO analog anwendbar ist. Neu ist die im § 43 StaRUG festgeschriebene Haftung des (Restrukturierungs-) Geschäftsleiters im Restrukturierungsverfahren gegenüber dem Schuldner bzw. der Gesellschaft. Gleiches gilt für § 57 StaRUG, der demgegenüber die Haftung der Geschäftsleiter gegenüber den Gläubigern regelt. Unangetastet bleiben die Haftungsregelungen für Insolvenzverwalter und Sachwalter nach §§ 60, 61, 274 InsO. Das StaRUG schafft aber den strukturell ähnlichen Restrukturierungsbeauftragten und denklogisch damit auch eine entsprechende Haftungsnorm in Form des § 75 Abs. 4 StaRUG.
Zuletzt nimmt der Gesetzgeber noch eine lange geforderte Klarstellung hinsichtlich der Kosten der Haftpflichtversicherung des Insolvenzverwalters etc. vor. § 4 Absatz 3 InsVV wird dahingehend geändert, dass mit der Vergütung auch die Kosten einer Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme bis zu 2 Mio.€ zweifach maximiert abgegolten sind. Ist die Verwaltung mit einem darüber hinausgehenden Haftungsrisiko verbunden, so sind die Kosten einer entsprechend höheren Versicherung als Auslagen erstattungsfähig.
Fazit:
Mit diesen Änderungen werden selbstverständlich Anpassungsarbeiten am Versicherungsschutz notwendig. Bestehende Vermögensschadenhaftpflicht- und D&O Versicherungsverträge sollten ohnehin regelmäßig einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden. Es bedarf der Klarstellung und Ergänzung in den Versicherungsbedingungen aufgrund kürzlich in Kraft getretener gesetzlicher Bestimmungen beziehungsweise kürzlich ergangener Urteile. Die Versicherer sollten hierzu aufgefordert werden.
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