Tipps zu Vorträgen an die Belegschaft eines krisenbehafteten Unternehmens
Die Sanierer sollten in ihren Vorträgen klare Fakten ansprechen und der gesamte Vortrag sollte den zeitlichen Rahmen von 30 Minuten nicht überschreiten! Durch vorherige Fehler und falsche Entscheidungen ist das Vertrauen in die Geschäftsführung verloren gegangen. Dieses Vertrauen der Belegschaft muss wieder hergestellt werden. Die Sanierer müssen sich mit der Situation sachlich auseinandersetzen und bei dem Vortrag auf jegliche Ausschweifung verzichten.
“Denglisch”, also fachbezogene Abkürzungen sowie überbordende Ausdrucksweisen und poetische Metaphern sind bei Ansprachen vor Belegschaftsangehörigen, deren Unternehmen sich in der Krise befinden, fehl am Platz. Es müssen klare Worte gefunden werden, die die Situation beschreiben und der Belegschaft deutlich machen, wo sie steht und was man von ihr erwartet!
Auch wenn die Sanierer zur Situation Abstand halten müssen, ist Mitgefühl und Verständnis offen zu kommunizieren. Teil-/ Betriebsschließung, Mitarbeiterentlassungen und eine latente Insolvenzgefahr sind Dinge, mit denen sich die Mitarbeiter eines Unternehmens auseinandersetzen müssen. Bevor sich die Sanierer mit der Belegschaft zusammensetzen, sollten sie sich unbedingt in die Lage der Zuhörer versetzen, damit sie zeigen können, dass sie sich mit den Problemen der Belegschaft beschäftigen.
Die typische Manager- bzw. Saniererhaltung in der anglo-amerikanischen Art, d. h. einfach nur Entscheidungen auf “Kosten anderer” zu treffen, verspielt Vertrauen und wirkt unmenschlich. Es ist durchaus angebracht mitzuteilen, dass sie die wirtschaftlich notwendigen Entscheidungen nicht leichtfertig gefällt haben.
Teamgeist fördern – Gruppendynamik
Zur Überwindung einer Krise gehört auch der Appell an die Krisenbeteiligten – dabei speziell an die Belegschaft – das Bestmögliche an Arbeit für das krisenbehaftete Unternehmen anzubieten.
Es ist regelmäßig deutlich zu machen, dass die Probleme des Unternehmens nicht allein von den Sanierern gelöst werden können, sondern dass sie ausschließlich auf die Hilfe der Belegschaft angewiesen sind, um die innerbetrieblichen Probleme zu lösen und den Betrieb an sich und ggf. die Produktion am Leben zu erhalten.
Die Sanierer müssen in ihrer Rede deutlich machen, dass sie an die Motivation und die Kompetenz der Belegschaft glauben und dass sie der Meinung sind, dass das Unternehmen mit den Ressourcen Belegschaft, Markt, Erfahrung und Produkten bzw. Dienstleistungen eine Sanierungschance hat.
Konkrete Ziele anbieten
Die Sanierer sind gezwungen, das Unternehmen konsequent zu führen und im Rahmen einer Sanierung unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Das führt dazu, dass gerade in einer solchen Situation die Belegschaft stark verunsichert ist und von den eingesetzten fachkompetenten Personen Lösungen bzw. Zielvorstellungen erwartet.
Erfahrene Sanierer werden deshalb 3 – 4 konkrete Ziele definieren, wie sie das Unternehmen wieder wirtschaftlich erstarken lassen und welche Maßnahmen dazu nötig sind. Auf keinen Fall dürfen “hohle Phrasen” und nicht einzuhaltende Versprechungen gemacht werden. Hier ist die Belegschaft sensibel und wird die Sanierer später persönlich beim Wort nehmen!
Wesentliche Fehler bei Krisenreden
Krisen leugnen
Die Belegschaft weiß in der Tat sehr genau, wie schlecht das Unternehmen dasteht. Es kann also nicht sein, dass die Sanierer versuchen, durch neutrale Aussagen, die Lage herunter zu spielen bzw. die geschäftliche Situation zu beschönigen. Die Belegschaft wird sofort noch unsicherer und ggf. kann es auch vorkommen, dass durch die Wut auf vorherige “Durchhaltestories” die Belegschaft sich nicht mehr auf Linie bringen lässt. In der Regel ist die Belegschaft schon resistent gegen Außenstehende, da sie in den Wechsel von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie Anwälten und Unternehmensberatern “durch” hat. Erklären Sie deshalb auch gleich zu Beginn, wie das Unternehmen tatsächlich steht; das nimmt die Aggressionen aus der Belegschaft.
Melodramatische Vorträge vermeiden
Verstehen Sie sich nicht als “Krisenentertainer” der erklärt, dass die Lage zwar ernst aber nicht hoffnungslos sei. Ein Krisenredner muss der Belegschaft vermitteln, dass er um die Situation weiß, und er muss der Belegschaft auch vermitteln, dass er kompetent genug ist, das Unternehmen mit der Belegschaft zusammen wieder “auf Vordermann” zu bringen. Pathetische Worte wie “das Unternehmen macht schwere Zeiten durch” oder “dies ist unsere schwärzeste Stunde”, werden nicht helfen, die Mitarbeiter weiter zu motivieren, sondern sie gedanklich in die Flucht treiben und sich schon mit der Arbeitslosigkeit auseinandersetzen lassen. Solch eine Darstellung wird dazu führen, dass sich fähige und kompetente Mitarbeiter sehr schnell anderweitig (und zum Teil bei der direkten Konkurrenz) einen neuen Arbeitsplatz suchen werden!
Selbstbewusst, aber nicht überheblich
Wenn die Sanierer bei der Belegschaft als überheblich “ankommen”, wird dies das Vertrauen nicht fördern bzw. verstärken. Die Belegschaft braucht das Gefühl, dass der dort “vorn” stehende Fachmann in der Lage ist, die Schwierigkeiten zu meistern. Es ist auch darauf zu achten, dass die Kleidung zwar den Status widerspiegelt, dies jedoch nicht überheblich bzw. abgrenzend wirken sollte (Anzug ja – aber nur in gedeckten Farben und so klassisch wie möglich!). Eine perfekte rhetorische Vorstellung ist nicht nötig. Vielmehr ist es wichtig, die Mitarbeiter zu motivieren und ihnen eine klare Lage des Unternehmens darzustellen.
Es ist weder sinnvoll noch nützlich, einen Vortrag über die Unternehmenssituation von einem Podium oder von einer erhöhten Position zu machen. Halten Sie die Krisenrede in der Regel in der Werkhalle bzw. in einer Umgebung, die der Belegschaft bekannt ist und wo sie sich “heimisch” und sicher fühlt.
Gut vorbereitet sein
Meist gibt es in der Belegschaft “Macher” und “Mitmacher”. Es ist wichtig, schon vorher diverse wichtige Mitarbeiter beim Namen nennen zu können. Es sollte auch während des Gesprächs auf gute Leistungen in der Krise – mit Nennung der Namen der Mitarbeiter – eingegangen werden. Auch ist es wichtig zu wissen, wer im Rahmen des “Klassenkampfes” ein möglicher Rädelsführer sein könnte. Hier sind ebenfalls vorher Informationen zur Person und zum Status des Mitarbeiters in Erfahrung zu bringen, damit der Vortrag nicht von vornherein scheitert bzw. die Belegschaft auf die „andere Seite“ überwechselt.
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