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Bundesgerichtshof

BGH erhöht Anforderungen – Was auf Gläubiger bei der Anfechtung zukommt

Das jüngste Urteil des BGH (BGH IX ZR 95/14), unter welchen Voraussetzungen bei verspäteter Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners und einen Benachteiligungsvorsatz des begünstigten Gläubigers geschlossen werden kann, kommentiert Stefan Lodyga, Leiter der Vollstreckungs- und Insolvenzabteilung der pronovaBKK. 

Der BGH geht – möglicherweise unbewusst – in seiner jüngsten Rechtsprechung auf das Thema frühzeitige Sachaufklärung ein und verschärft die Anforderungen an die Gläubiger bei der frühzeitigen und vorinsolvenzlichen Prüfung.

Das BGH Urteil erteilt einen klaren Auftrag an die Gläubiger!

Sozialversicherungsträger – so die Feststellung des BGH – sind durch gesetzliche Vorgaben angehalten, zeitnah auf Beitragsrückstände durch Vollstreckung und Insolvenzantrag zu reagieren. Deshalb haben die Sozialversicherungsträger einen unmittelbaren Zugang zu den Unternehmen und auch zur Insolvenzpraxis in Deutschland.

Die frühzeitige Prüfung von Sanierungschancen und hier insbesondere die professionelle Erstellung einer Fortführungsprognose durch eine zeitnahe Sachverständigenbeauftragung/ Sachstandsaufklärung muss daher auch im Interesse der Krankenkassen liegen, die steuer- und versicherungspflichtige Arbeitsplätze gern langfristig erhalten möchten. Frühzeitige Sachaufklärung wird als Prävention gegen Anfechtungsrisiken auch vom BGH anerkannt. Im Urteil werden nun zudem Indizien benannt, die es zu erkennen gilt.

In der Folge dieser Rechtsprechung, ist – sofern die vom BGH genannten Indizien nicht ernst genommen werden – mit einer erheblichen Erhöhung der Anfechtungsbeträge zu rechnen.

Völlig unverständlich bleibt es vor diesem Hintergrund allerdings, dass eine Verbesserung der Sanierungsaussichten und eine frühere Sachstandaufklärung immer noch durch das derzeitige Antragsverfahren blockiert wird. Denn insbesondere um die Anforderungen des BGH Urteils richtig umsetzen zu können, spielt die frühzeitige Beauftragung eines Sachverständigen eine zentrale Rolle. Nicht in allen Fällen bestätigt der Sachverständige dabei das Vorliegen eines Insolvenzgrundes. Die positive Fortführungsprognose ist für die Sozialversicherungsträger von zentraler Bedeutung. Denn sie ermöglicht es, die Vollstreckung abzubrechen, auf einen Insolvenzantrag zu verzichten und sogar über Stundungen zu verhandeln. Kommt der Gutachter zu einer positiven Fortführungsprognose, kann diese vom Unternehmen zur Verbesserung eines Liquiditätsengpasses in Verhandlungen mit allen Sozialversicherungsträgern genutzt werden.

Noch besser ist es aber, wenn die Fortführungsprognose nicht erst im Insolvenzantragsverfahren, sondern bereits nach ersten Vollstreckungen vorgelegt wird. Einige Sozialversicherungsträger weisen die Schuldner hierauf verstärkt hin. Für Kassen und Schuldner lassen sich beträchtliche Kosten einsparen, wenn bereits unmittelbar nach erfolglosen Vollstreckungen – und nicht erst im Insolvenzverfahren – eine Sanierung geprüft und umgesetzt wird.

Bild: H.D.Volz  / pixelio.de

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6 Responses to BGH erhöht Anforderungen – Was auf Gläubiger bei der Anfechtung zukommt

  1. Avatar-Foto
    RA Dr. Olaf Hiebert 27. Mai 2016 at 11:22 #

    Der BGH hat die geplante Reform durch zwei jüngere Urteile (BGH, Urt. v. 25.02.2016 – IX ZR 109/15 und BGH, Urt. v. 24.03.2016 – IX ZR 242/13) bereits ausgehebelt. Die geplante gesetzliche Vermutung ist widerleglich und wird durch entsprechende Beweisanzeichen widerlegt werden können. Mehr Infos unter http://www.insolvenzanfechtung-buchalik.de (dort unter Rechtsprechung und Aktuelles)

    Freundliche Grüße

    RA Dr. Olaf Hiebert

  2. Avatar-Foto
    Lodyga 31. August 2015 at 22:20 #

    forensische Sonderuntersuchungen in der Insolvenz / Professionelle Aufklärung von Insolvenzanfechtungstatbeständen nutzen immer mehr Verwalter

  3. Avatar-Foto
    Lodyga 30. August 2015 at 21:30 #

    BGH IX ZR 149/ 14 Stockende Ratenzahlung begründet (grundsätzlich) keine Anfechtung! Zumindest nicht gleich !

  4. Avatar-Foto
    Lodyga 24. Juli 2015 at 20:50 #

    ZInsO 2015, 1422 – 1429 Anfechtungserpressung – Halbierung der Anfechtungsbeträge durch Ursachenbeseitigung im Antragsverfahren – von Rechtsanwalt Klaus Kollbach, Köln

    Ich habe noch einen interessanten Beitrag in ZInsO Heft 29 gelesen. Der ergänzend zu diesem Text gelesen werden sollte. Es wäre laut dem Autor sinnvoll, sich für eine Änderung des Antragsverfahrens statt einer Forderung nach Vorrechten einsetzen. Nach der jüngsten BGH- Entscheidung zur Anfechtung nach Zahlungsverzögerungen gibt es so der Autor keine Ausweichen mehr. Ich hoffe, alle die diesen Beitrag lesen finden interessante Ansätze, auch wenn sie sich täglich mit solchen Fragen beschäftigen.

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