Die gerichtlich bestätigte Rückgabe von Firmenwagen, die vom sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ betroffen sind, über den Weg der Betrugshaftungsklage kann zu hohen finanziellen Kompensationen führen. Insolvenzverwalter können auf diese Weise die Masse maßgeblich erhöhen.
Man kann es nicht oft genug wiederholen: Erstes Ziel des Insolvenzverfahrens ist die bestmögliche Befriedigung der Gläubigergemeinschaft, wie es in Paragraf 1 der Insolvenzordnung geregelt ist. Daher liegt es natürlich im vorrangigen Interesse von Insolvenzverwaltern, so viele Vermögenswerte wie möglich zu verwerten, um damit die Masse zu erhöhen.
Ein Bereich, der bislang sehr wenig Beachtung findet, ist die gerichtliche bestätigte Rückgabe von Firmenwagen, die vom sogenannten „Diesel-Abgasskandal“ betroffen sind. Damit sind die weitreichenden Software-Manipulationen gemeint, mit denen viele Autohersteller die Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß fingiert haben. Diese haben durch die Schummel-Software zwar offiziellen Prüfungen standgehalten, aber der Schadstoff-Ausstoß war im realen Straßenverkehr deutlich höher. Der Umfang des Betrugs ist enorm. Allein der Mercedes-Abgasskandal trifft aktuell rund drei Millionen PKW der Schadstoffklassen 5 und 6, und weltweit sollen fast elf Millionen Volkswagen-Diesel (inklusive Tochtermarken) betroffen sein, davon etwa 2,6 Millionen Fahrzeuge in Deutschland.
Durch die Software-Manipulation ist ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstanden, Dieselfahrzeuge sämtlicher Hersteller müssen massive Wertverluste hinnehmen. Daher haben die Eigentümer – und im Insolvenzverfahren eben der Insolvenzverwalter – die Möglichkeit, betroffene Fahrzeuge gegen eine hohe finanzielle Kompensation zurückzugeben und so ihre Verbraucherrechte durchzusetzen.
Kompensation deckt die komplette Anschaffung
Der Abgasskandal trifft vor allem die typischen Firmenwagen im Mittelstand wie VW Passat, Audi A4 und A6 und andere Fahrzeuge der (gehobenen) Mittelklasse. Von diesen Fahrzeugen fahren zig Hunderttausende in Deutschland in Firmenflotten, und nicht selten wurden diese auch gekauft. Durch die gerichtlich angeordnete Rückgabe lässt sich damit also ein zusätzlicher Erlös für die Masse generieren – denn regelmäßig wird annähernd der Kaufpreis als Entschädigung bei der Rückgabe gezahlt, und oftmals deckt die Kompensation sogar die komplette Anschaffung.
Diese Lösung ergibt natürlich wesentliche höhere Verwertungswerte als der Verkauf der Fahrzeuge am Gebrauchtwagenmarkt. Selbst neuere und wenig gelaufene Fahrzeuge liegen aufgrund der Diesel-Problematik und drohenden Fahrverboten aktuell erheblich unter ihrem eigentlichen Wert. So wurde zum Beispiel für einen Audi A6 mit knapp 100.000 Kilometer Laufleistung fast 35.000 Euro bei der Rückgabe gezahlt – mehr Geld, als die Wagen aktuell durchschnittlich für einen Käufer (brutto) kosten.
Inzwischen liegen zahlreiche Urteile vor, die bestätigen, dass sich Volkswagen, Audi, Porsche, Daimler und Co. durch die Abgasmanipulationen schadensersatzpflichtig gemacht haben. Der Kaufpreis wird – grob gesprochen – allenfalls um einen bestimmten Faktor, der sich aus Alter und Laufleistung errechnet reduziert. Anspruchserhöhend sind als Ausgleichsposition auch die sogenannten Entziehungszinsen zu berücksichtigen, die sich häufig auch auf mehrere tausend Euro belaufen. Die Aussichten auf einen positiven Ausgang vor Gericht sind sehr hoch, die Erfolgsquote liegt bei einigen Motorentypen bei beinahe 100 Prozent.
Klagen gegen Hersteller und Händler
Trotz der vielfältigen Gerichtsurteile ist die Rückgabe von Dieselfahrzeugen gegen finanzielle Kompensation kein Selbstläufer, auch nicht im Insolvenzverfahren. Natürlich sind die Hersteller nicht gewillt, einfach so dem Wunsch der Kunden nach Rückgabe und Rückerstattung des Kaufpreises zuzustimmen. Üblicherweise gilt es, mit Klagen gegen die Hersteller aus Betrugshaftung sowie mit Klagen gegen Händler aus kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen vorzugehen. Dabei berechnet ein im Betrugshaftungsrecht versierter Rechtsanwalt die Ansprüche des Kunden und setzt die Ansprüche gegen Hersteller beziehungsweise Händler vor Landgerichten durch.
Betrugshaftungsklagen im Kontext des Diesel-Abgasskandals sind also für Insolvenzverwalter ein probates Mittel, die Masse maßgeblich zu erhöhen (und damit natürlich auch das eigene Honorar). Verwalter (aber natürlich auch Berater im Rahmen einer Sanierung) erhalten damit ein interessantes, zusätzliches Instrument an die Hand.
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