Das Bundesfinanzministerium hat Regelungen zur protektiven Wirkung von Tax Compliance-Systemen formuliert. Auch für Insolvenzverwalter ist es im Sinne der Haftungsvermeidung wichtig, zu verhindern, dass aus den von ihnen verwalteten Unternehmen Gesetzesverstöße gegen steuerliche Vorschriften erfolgen. Auch die Unkenntnis von falschen Angaben schützt nicht vor weitreichenden Strafen.
Unternehmen beklagen seit vielen Jahren eine stetig zunehmende Regulierungswut, die inzwischen jeden Unternehmensbereich durchdringt. Dazu gehören auch erhöhte rechtliche Anforderungen:
Das Risiko für möglicherweise gravierende, strafrechtlich relevante Regelverstöße im Sinne der steuerlichen (Tax) Compliance, beispielsweise durch Kommunikationslücken und Handhabungsfehler, steigt gefühlt stündlich.
Und der Gesetzgeber weist regelmäßig nach, dass er Verstöße gegen die Abgabenordnung in jederlei Hinsicht – ob ertrags- oder auch umsatzsteuerlich – drakonisch sanktioniert – auch wenn diese „unabsichtlich“ passiert sind. Aber weder Unwissen noch Rechenfehler oder andere Versehen schützen vor Strafe.
In diesem Spannungsfeld bewegt sich natürlich auch der Insolvenzverwalter, der ja regelmäßig in Organstellung bei Unternehmen in der Regelverwaltung tritt somit auch alle fiskalischen Verpflichtungen des Schuldners übernimmt. Dementsprechend stehen Insolvenzverwalter, die kraft ihres Amtes auch einer Vermögensbetreuungspflicht unterliegen, im besonderen Fokus der Finanzverwaltung. So werden die Behörden beispielsweise eine mögliche Unkenntnis von falschen Angaben im Zeitpunkt der Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Fiskus dem Insolvenzverwalter zurechnen und mögliche Haftungsforderungen finanzieller Natur stellen.
Vor diesem Hintergrund weist das am 23. Mai 2016 veröffentlichte Schreiben des Bundesfinanzministeriums (IV A 3 – S0324/15/10001), das sich mit der steuerrechtlichen Einordnung von Regelverstößen befasst, eine Lösung auf. Unter der Überschrift „Zu § 153 AO – Berichtigung von Erklärungen“ finden sich Regelungen zur protektiven Wirkung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems, das auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten gerichtet ist“ (sogenanntes Tax Compliance Management System, kurz Tax CMS) . Unter Tax Compliance versteht man, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und Pflichten sowie der unternehmensinternen Richtlinien im Bereich Steuern systematisch und präventiv abzusichern. Das korrespondierende Tax CMS implementiert Grundsätze, Verfahren und Maßnahmen zur organisatorischen Umsetzung und Einhaltung aller steuerlichen Pflichten. Dies sichert ein Unternehmen und dessen Organe ab.
Das will heißen: Ein Tax Compliance Management-System zur Überwachung der Erfüllung aller steuerlichen Pflichten kann den Insolvenzverwalter vor dem Vorwurf (und den möglicherweise daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen) eines bewussten oder leichtfertigen steuerlichen Fehlverhaltens schützen. Die Gefahr einer unbeabsichtigten Steuerverkürzung – die in der Übernahme der Gesamtverantwortung für das Schuldnervermögen und alle Verbindlichkeiten begründet liegt – wird deutlich reduziert.
Gleichzeitig wird auch die Haftung des Insolvenzverwalters nach der Insolvenzordnung erheblich abgemildert: „Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.“
Nun haben Insolvenzverwalter bekanntlich wenig Zeit, eigene Strukturen im Betrieb zu etablieren. Umso wichtiger erscheint es, die Bedeutung der steuerlichen Compliance immer im Hinterkopf zu haben und das Tax CMS als festes Modul bei der Übernahme einer Regelverwaltung einzuplanen. Entscheidend ist dabei, schnellstmöglich eine Struktur herzustellen, die verhindert, dass aus dem Unternehmen heraus Gesetzesverstöße gegen steuerliche Vorschriften erfolgen. Dies gilt es, in Einklang mit der Insolvenzpraxis zu bringen, also die effiziente Sanierung und die Eindämmung von Haftungsrisiken zu kombinieren.
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