Was kann der Steuerberater bei der Beratung von Krisenunternehmen gestalten, um seine Haftung zu vermeiden und sein Mandat trotzdem nicht zu verlieren?
Das Risiko von Steuerberatern für Schäden ihrer Mandanten aufgrund einer verspäteten Insolvenzantragstellung haften zu müssen, war in der Vergangenheit vergleichsweise gering. Das hat sich durch ein Urteil des BGH vom 26.01.2017 (IX ZR 285/14) grundlegend geändert. Das in der Entscheidung aufgestoßene Einfallstor für die Haftung des mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberaters gründet auf dem Vorwurf der unrichtigen Bilanzerstellung aufgrund eines pflichtwidrigen Ansatzes von Fortführungswerten gem. § 252 Abs.1 Nr.2 HGB in Verbindung mit einer Verschärfung der Hinweispflichten des Steuerberaters. Andreas Bartkowski kommt deshalb in seinem Blogbeitrag vom 25.10. zu dem Ergebnis, dass es aufgrund dieses Urteils in einer Krisensituation in den Mandatsverhältnissen zwischen Unternehmen und Steuerberatern zu schweren Verwerfungen kommen wird: Nach seiner Meinung wird der Unternehmer in der Krise kaum noch Beratung bekommen können.
Ganz so kritisch stellt sich die Situation nicht dar, denn es gibt Lösungswege:
„Erkennt der Steuerberater Umstände, die geeignet sind, die implizite Fortführungsprognose des § 252 Abs.1 Nr. 2 HGB in Frage zu stellen oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fortführung in Frage zu stellen oder er muss dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt. Auf der Grundlage einer solchen Fortführungsprognose darf er sie dem Jahresabschluss zugrunde legen, es sei denn, sie ist evident untauglich. Legt der Mandant die Fortführungsprognose nicht vor, muss der Steuerberater sie anmahnen. Er ist zwar nicht verpflichtet, die Prüfungen ohne gesonderten Auftrag selbst zu veranlassen oder durchzuführen. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen den Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt und daher die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.“
Der Insolvenzverwalter muss demgegenüber darlegen und beweisen, dass die Pflichtverletzung des Steuerberaters die schadensstiftende Verzögerung der Insolvenzantragstellung zumindest mitverursacht hat.
Die Rechtsprechung ist verschärft worden, weil nach wie vor in erheblichem Umfang Insolvenzen verschleppt werden und der Steuerberater daran durch fehlende Hinweise zumindest indirekt mitwirkt. Kann der Steuerberater die geforderte Fortführungsprognose nicht abgeben, ist dies in der Bilanz entsprechend auszuweisen und dabei eindeutig klarzustellen, dass eine Insolvenzantragspflicht besteht. Das wird dem Mandanten zu Recht nicht gefallen. Er hat aber auch keine Möglichkeit auf einen anderen Steuerberater auszuweichen, denn der wird ihm den gleichen Rat geben (müssen), um seine Haftung zu vermeiden. Der Steuerberater ist vor diesem Hintergrund gut beraten, sich mit den am 1. März 2012 geschaffenen Möglichkeiten einer Sanierung unter Insolvenzschutz auf der Grundlage des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) zu befassen. Der Gesetzgeber räumt damit dem redlichen Schuldner, der frühzeitig einen Insolvenzantrag stellt, die Möglichkeit ein, sein Unternehmen unter Insolvenzschutz aber in Eigenverwaltung zu sanieren. Ein Insolvenzverwalter wird nicht bestellt, sondern lediglich ein Sachwalter unter dessen Aufsicht der bisherige Geschäftsführer in Eigenverwaltung wie ein Insolvenzverwalter agiert. Ziel des Verfahrens ist die operative Sanierung und bilanzielle Entschuldung im Rahmen eines Insolvenzplanes. Das Unternehmen bleibt dem Unternehmer dabei erhalten, das Eigenkapital wird wiederhergestellt und der Insolvenzgrund der Überschuldung beseitigt. Das geschieht im Einklang mit den Gläubigern. Durch die erleichterte und in der Regel kostengünstigere operative Sanierung, bei der Mitarbeiter zu deutlich reduzierten Kosten und mit wesentlich kürzeren Fristen gekündigt und auch Dauerschuldverhältnisse wie z.B. langlaufende Mietverträge mit kurzen Fristen beendet werden können. Für den Steuerberater hat das Verfahren mehrere Vorteile: Er vermeidet Haftungsrisiken, behält seinen Mandanten und kann im Verfahren zusätzliche Umsätze generieren. Dazu gehören die Erstellung insolvenzbedingt zusätzlicher Abschlüsse ebenso wie die Kassenprüfung, Insolvenzbuchhaltung oder die Einholung planbedingter verbindlicher Auskünfte.
Das Verfahren ist sehr komplex und eine erfolgreiche Durchführung setzt die Begleitung eines in der Materie sehr erfahrenen Beraters voraus, ansonsten ist die Gefahr eines Scheiterns hoch. Seine Aufgabe liegt in einer gewissenhaften Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens unter Berücksichtigung aller verfahrensbedingten Risiken und Besonderheiten.
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Interessante Abhandlung! Danke dafür.