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Umsatzsteuer: Bundesfinanzhof stärkt das Fiskusprivileg

Alle bis zur Anordnung des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens entstandenen Entgeltforderungen der Schuldnerin sind uneinbringlich, weshalb die Umsatzsteuer berichtigt werden muss. Das führt bei späterer Vereinnahmung durch den Insolvenzverwalter zu einer Reduzierung der Insolvenzforderung und im weiteren Verlauf zu einer Erhöhung der Masseverbindlichkeiten.

Das Fiskusprivileg im Rahmen von Insolvenzverfahren ist ein viel diskutiertes Thema und hat insbesondere hinsichtlich der geplanten Reform des Insolvenzanfechtungsrechts an Aktualität gewonnen. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs verstärkt diese Sichtweise zudem, denn das Fiskusprivileg hat damit noch einmal neuen Zuspruch seitens eines obersten Bundesgerichts erfahren.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1.3.2016, XI R 21/14, entschieden, dass alle bis zur Anordnung des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens entstandenen Entgeltforderungen der Schuldnerin nach § 17 Abs. 1 S.1, Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG uneinbringlich sind. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO gehe durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten oder über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Folglich sei der Unternehmer aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Lage, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem eigenen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil selbst zu vereinnahmen, da sie im Rahmen der Masseverwaltung und Masseverwertung zu vereinnahmen sind und damit zum Bereich der Masseverbindlichkeiten i.S. von § 55 InsO gehörten. Diese Ansicht wiederum führt dazu, dass der BFH die von der Finanzbehörde geforderte (erste) Berichtigung der Umsatzsteuer bestätigt hat. Auf diese Weise reduzieren sich in der Folge die Insolvenzforderungen durch den vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalter um den entsprechenden Mehrwertsteuersatz.

Gleichzeitig hat der BFH auch noch eine zweite Berichtigung der Umsatzsteuer bestätigt. Mit der Vereinnahmung der Entgelte durch den vorläufig starken Insolvenzverwalter erfolgt die zweite Korrektur der Umsatzsteuer, die im Sinne der herkömmlichen steuerlichen Vorschriften abgeführt werden muss. Durch diese fiskalischen Forderungen entstehen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO. Diese sind dann – anders als bloße Insolvenzforderungen – vorrangig zu befriedigen. Dadurch erhält der Fiskus einen Vorteil in der Gläubigerbefriedigung, was freilich gleichzeitig zu Nachteilen bei „normalen“ Insolvenzforderungen führt.

Im verhandelten Fall hatte ein Insolvenzverwalter gegen die Berichtigung der Umsatzsteuer nach der Vereinnahmung ausstehender Forderungen in Höhe von 26.529,54 Euro (netto) zuerst Widerspruch und schließlich Klage geführt. Auf Revision des Finanzamts hin wies der BFH die Klage schließlich ab.

Auch der XI. Senat sieht danach im dem Übergang der Vertretungs- und Verfügungsmacht bei Anordnung einer starken vorläufigen Insolvenzverwaltung einen Fall der Uneinbringlichkeit offener Forderungen, die dann eben die Korrektur der Umsatzsteuer erfordern. Die Begründung folgt den bisher seitens des V. Senats entwickelten Grundsätzen. Die Entscheidung für den Fall der Einsetzung eines vorläufig schwachen Insolvenzverwalters steht noch aus (XI R 9/15). Nach den Ausführungen in dem vorliegenden Urteil ist allerdings davon auszugehen, dass der XI. Senat auch hier sich der Meinung des V. Senats anschließen wird.

Die „Hoffnung“ auf eine Einschränkung des durch die Rechtsprechung und den Gesetzgeber geschaffenen Fiskusprivilegs ist damit zunichte gemacht. Die letzte Möglichkeit wäre nur eine Vorlage an den EUGH.

 

 

 

Bild: Sira Anamwong / FreedigitalPhotos.net

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