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Fünf Jahre ESUG: Ein Blick aus der Sanierungspraxis

Mit dem ESUG hat der Gesetzgeber 2012 neue Möglichkeiten für die Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen geschaffen. Fünf Jahre nach seiner Einführung zeigen Erfahrungen aus der Sanierungspraxis, was der Verbesserung bedarf.

ESUG funktioniert, aber …

Fünf Jahre ESUG – das bedeutet fünf Jahre Sanierung in Eigenregie. Die neuen Restrukturierungsinstrumente werden angenommen. Immer mehr Unternehmen entscheiden sich für diesen Weg, um die eigene Wirtschaftskrise hinter sich zu lassen. Ein Blick zurück auf die Beratungspraxis und viele erfolgreiche Sanierungsfälle zeigt: Das Reglement und die Instrumente sind gut geeignet, um Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. Wichtige Voraussetzung dafür ist, dass die Verantwortlichen frühzeitig handeln und sich professionell begleiten lassen. Trotz der zunehmenden Akzeptanz von Eigenverwaltung (§ 270a InsO) und Schutzschirm (§ 270a InsO) treffen Unternehmen bei ihren Sanierungsvorhaben aber auf Schwierigkeiten. Aber warum ist das so? Die Gründe dafür sind vielfältig.

… unnötige Steine liegen im Weg

Über ESUG lassen sich Unternehmen, die die entsprechenden Kriterien erfüllen, nach einer Krisensituation in relativ kurzer Zeit entschulden und wieder neu aufstellen. Viele Unternehmen sind positiv davon angetan, was das ESUG leisten kann. Obwohl sie eine Insolvenz am Ende erfolgreich hinter sich gelassen haben, erfahren sie während ihrer Restrukturierungsbemühungen allerdings auch Umstände, die sich rückblickend für sie als Hindernisse herausgestellt haben. Ein schönes Beispiel, das dies anschaulich illustriert, ist das eines niederrheinischen Mittelständlers mit rund 200 Beschäftigten. Am Ende dieses Falls, soweit vorweggenommen, steht die erfolgreiche Sanierung im Rahmen der Eigenverwaltung. Auf dem Weg dahin sah sich der Geschäftsführende Gesellschafter aber mit einigen Schwierigkeiten konfrontiert, für die in Zukunft Abhilfe geschaffen werden könnte.

Um was geht es?

  • Unkenntnis darüber, was ESUG überhaupt ist: Auch nach fünf Jahren ESUG ist an einigen Stellen der Erklärungs- und Überzeugungsbedarf weiterhin groß, um was es sich bei Eigenverwaltung und Schutzschirm eigentlich handelt. Unternehmen werden damit sowohl vor und bei der Antragstellung (z. B. Amtsgerichte) als auch während des Verfahrens (z. B. Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Gewerkschaften, Banken) konfrontiert. Die erforderliche Erklärungsarbeit ist oft sehr zeitaufwendig. Der Mittelständler vom Niederrhein muss sich aber auch nach dem erfolgreichen Abschluss des Verfahrens mit diesem Umstand auseinandersetzen. Das Unternehmen hatte den Antrag auf Eröffnung einer Insolvenz in Eigenverwaltung aus drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt und das Verfahren schließlich plangemäß ohne Zahlungsausfall und -verzug während des Verfahrens abgeschlossen. Die Lieferanten haben eine hohe Quotenzahlung auf ihre Eigentumsvorbehalte erhalten und nahezu keinen Zahlungsausfall erlitten. Im Nachgang wird es nun bei einer Wirtschaftsauskunftei gleichranging mit Unternehmen bewertet, die ihre Rechnungen verzögert oder gar nicht gezahlt haben und sich in einem Regelverfahren befinden, bei dem gar keine oder nur eine geringe Quotenzahlung für die Lieferanten absehbar ist. Das erschwert verständlicherweise den weiteren Geschäftsbetrieb. Hier sind wirklich alle wesentlichen Akteure gefragt, noch stärker für das ESUG zu werben. Die anstehende Evaluierung bietet dafür hervorragende Möglichkeiten, die Vorzüge dieser Sanierungsinstrumente verständlich und in aller Breite darzustellen.
  • Der Insolvenzbegriff: Problematisch bei der praktischen Umsetzung von Eigenverwaltung und Schutzschirm ist auch die Eingliederung in die Insolvenzordnung. Beide Verfahrenstypen sind Insolvenzverfahren. Und das macht vielen Beteiligten weiterhin Angst. Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner zögern. Sie fürchten die weitere Zusammenarbeit mit Unternehmen, die sich in einem Insolvenzverfahren – Eigenverwaltung oder Schutzschirm hin oder her –befinden. Das hat unmittelbar auch der Unternehmer vom Niederrhein erfahren müssen. Unproblematischer für ihn war demgegenüber allerdings die Kommunikation mit US-amerikanischen Partnern, die mit dem Hinweis „ein Verfahren ähnlich wie Chapter 11“ positiv auf die neuen Umstände reagierten. Was also tun, um diese Situation zu verbessern? Entweder hartnäckige Überzeugungsarbeit leisten oder ggf. die Eigenverwaltung und den Schutzschirm vom Insolvenzbegriff gänzlich abkoppeln.
  • Beleg der Besserstellung: Ein Unternehmen in der Eigenverwaltung ist angehalten, umfassend darzulegen, dass die Sanierung über den Insolvenzplan am Ende für die Gläubiger besser ist, als der Verkauf an einen Dritten. Soweit so gut. Im Falle des Mittelständlers, der sich aufgrund drohender Zahlungsfähigkeit aktiv dazu entschlossen hat, in Eigenverwaltung zu sanieren, ein schwer nachvollziehbarer Schritt. Er tat sich sehr schwer damit, sein Unternehmen über einen professionellen M&A-Prozess anderen Unternehmen, darunter auch Wettbewerbern, zum Kauf anzubieten. Denn sein Ziel der Eigenverwaltung war es nicht nur, das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, sondern natürlich auch zukünftig innerhalb der Familie weiterzuführen. Wenn ein Interessent mit einem alternativlosen Angebot gekommen wäre, hätte dies das Ende seiner Planungen bedeutet. Gleichzeitig war der Investorenprozess für Wettbewerber, selbst wenn sie sich überhaupt nicht für ein Investment interessierten, eine hervorragende Möglichkeit, Informationen vom Unternehmen abzuschöpfen. Hier besteht für Unternehmen, die sich im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit in das Verfahren begeben, Reformbedarf. Für Unternehmen, die erst bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit den Weg in das Verfahren wählen, sollte es keine Erleichterungen geben. So könnte auch ein Anreiz für eine frühzeitige Antragstellung gesetzt werden.

Weitere Nachjustierung erforderlich

An diesen Beispielen wird schnell klar, dass es noch einige Stellschrauben gibt, die eine Nachjustierung bedürfen. Neben den beschriebenen Erfahrungen ist es aber auch vor allem das Thema der Nachhaltigkeit, die entscheidend für den weiteren Erfolg des ESUG ist. So wird eine allein auf finanzwirtschaftliche Restrukturierung gerichtete Sanierung, die nur die Verbindlichkeiten abschneidet, nicht funktionieren. Daneben ist auch ein gutes leistungswirtschaftliches Sanierungskonzept notwendig. Denn, das Ziel muss es letztendlich sein, die Ursachen der Krise endgültig zu beseitigen. Wenn nämlich ein Konzept nicht nachhaltig gestaltet ist, besteht die Gefahr, dass das sanierte Unternehmen schon bald wieder Antrag stellen muss.

Aber was kann der Gesetzgeber in diesem Fall tun? Eine Möglichkeit wäre, entsprechende Hürden einzuführen, die oberflächliche Sanierungen vermeiden und damit nachhaltige Sanierungen sicherstellen. Die Akzeptanz des ESUG kann am Ende nur dadurch weiter gesteigert werden, wenn die Sanierungspraxis von positiven Beispielen dominiert wird, ohne das ein Großteil der ESUG-Verfahren schließlich doch in ein Regelverfahren überführt werden muss. Dies kann insbesondere durch einheitliche Standards sichergestellt werden. Grundsätze, die für die ordnungsgemäße Insolvenzverwaltung gelten, sollten auch für die Eigenverwaltung definiert werden.

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