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Distressed M&A bei kommunalen Stadtwerken – im Spannungsfeld zwischen finanzieller Schieflage und Rekommunalisierung

Kommunale Stadtwerke werden für ihre Gesellschafter, die Gemeinden, immer häufiger vom Gewinn- zum Verlustbringer. Verluste, die die oftmals klammen Gemeinden kaum ausgleichen wollen oder können. Prominente Fälle sind die Insolvenzen der Stadtwerke Gera und Wanzleben. Da sich die finanzielle Lage vieler Gemeinden künftig weiter zuspitzen wird, ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren verstärkt kommunale Stadtwerke in und außerhalb eines Insolvenzverfahrens saniert werden müssen. Der Verkauf von Beteiligungen aus der Krise (Distressed-M&A) stellt dabei eine Alternative zur klassischen operativen Sanierung dar, die allerdings bislang nur selten genutzt wird.

Die meisten Gemeinden sind Mehrheitsgesellschafter der kommunalen Unternehmen, auf die sie zurückgreifen, um ihre kommunalen Aufgaben zu erfüllen. Oftmals sind die einzelnen kommunalen Unternehmen in einer Holding-Struktur oder einem gemeinsamen Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder AG gebündelt, um die Gewinne der einen Sparte mit den Verlusten der anderen Sparte zu verrechnen – ein sogenannter steuerlicher Querverbund. So erwirtschaften in der Regel die Stadtwerke mit der Sparte Energieversorgung Gewinne. Dagegen sind üblicherweise der öffentliche Personennahverkehr, die Schwimmbäder, die Parkhäuser und teilweise die Wasser- bzw. Abwasserversorgung dauerhaft defizitär.

Diese Konstruktion des steuerlichen Querverbunds besteht zum Beispiel auch bei der Stadtwerke Gera AG. Unter der AG als Holding sind beispielsweise die städtischen Anteile an Wohnungsbaugesellschaft, Energieversorgung und Kraftwerken, Abfallverwertung, Flughafenbetriebsgesellschaft und den Verkehrsbetrieben zusammengefasst. Normalerweise werden mit den Gewinnen aus der Energieversorgung die Verluste der anderen Sparten vollkommen ausgeglichen. Entsteht dennoch ein Fehlbetrag, gleicht die Gemeinde diesen aus.

Der steuerliche Querverbund gerät ins Wanken

Der steuerliche Querverbund gerät allerdings ins Wanken, wenn kurzfristig und überraschend hohe Verluste in der Sparte Energieversorgung entstehen. So musste die Stadtwerke Gera AG eine Wertberichtigung vornehmen, die zu einem Fehlbetrag führte. Die Stadtwerke Wanzleben traf der Ausfall eines Blockheizkraftwerks.

Finanziell angeschlagenen Gemeinden können den Fehlbetrag kurzfristig nicht aufbringen. Hinzu kommt, dass klamme Gemeinden oft unter Zwangsverwaltung der jeweiligen Aufsichtsbehörde stehen und diese ihre Zustimmung zur Zahlung verweigern kann. Dann müssen die Stadtwerke Insolvenz anmelden, da sie in der Rechtsform der AG oder GmbH dem Insolvenzrecht unterliegen. Die Gemeinde dagegen ist nicht insolvenzfähig (§ 12 Abs. 1 InsO i.V.m. Landesrecht).

Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt bei Stadtwerken auf einer klassisch operativen Sanierung – in der Regel außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Das Stadtwerk und die Gemeinde werden versuchen, die Kosten mit geringeren Leistungen (z.B. geringere Frequenzen im ÖPNV), nachverhandelten Konditionen mit Gläubigern oder Entlassungen zu senken. Das Drohpotential einer Insolvenz ist aber bei kommunaler Beteiligung geringer, da die Gläubiger davon ausgehen, dass die öffentliche Hand schon einspringen wird. Gleichwohl kann der Insolvenzverwalter die operative Sanierung mit den Mitteln des Insolvenzrechts stärker vorantreiben, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist.

Distressed-M&A als Alternative zur klassischen operativen Sanierung

Der Verkauf von Beteiligungen aus der Krise stellt eine Alternative zur klassischen operativen Sanierung dar. Für Investoren ist zumeist oft nur die Sparte Energieversorgung interessant, die ein grundsätzlich funktionierendes Geschäftsmodell aufweist. Die Gemeinde kann diese Sparte daher ausgliedern und dann eine Mehrheits-/ oder Minderheitsbeteiligung an den Investor verkaufen. Für defizitäre Sparten wie den ÖPNV oder die Schwimmbäder finden Gemeinden bzw. die Insolvenzverwalter der kommunalen Unternehmen normalerweise keine Käufer.

Grundsätzlich steht die Veräußerung einer notleidenden kommunalen Beteiligung immer im Spannungsfeld zwischen der finanziellen Schieflage der Gemeinde und dem politischen Ziel der Rekommunalisierung. Der politische Wille zur Privatisierung von Stadtwerken hat in den letzten Jahren massiv abgenommen. Insbesondere im Bereich der Energieversorgung ist seit Jahren ein verstärkter Trend zur Rekommunalisierung zu beobachten.

Es bleibt abzuwarten, ob die finanzielle Schieflage von einzelnen Stadtwerken so viel politischen Druck erzeugt, sich gegen den Trend zur Rekommunalisierung zu stellen. Zudem haben Gemeinden oftmals kein Interesse daran, aus ihrem steuerlichen Querverbund den einzigen möglichen Gewinnbringer herauszulösen. Die Veräußerung der Energieversorgungssparte wird daher bis auf weiteres nur als ultima ratio bei der Sanierung in der Insolvenz stattfinden. Denn der Insolvenzverwalter kann einen Verkaufsprozess auch gegen politische Widerstände durchsetzen.

Bildnachweis: Stephanie Hofschlaeger / www.pixelio.de

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